
Wie bereits im Jahresrückblick 2022 erwähnt, sind meine Jahresworte für 2023 eingebunden in den Titel “Lust auf LACHEN und GENUSS“. Heute werde ich ein wenig über das Lachen an sich nachdenken und erzählen, wie es zu diesen Jahresworten kam.
Bald 3 Jahre Corona liegen hinter uns. Wie enge Freunde und Familie wissen, hatte mich dieses blöde Virus heftig erschüttert. Ich hab ziemlich lange gebraucht, mich einigermaßen auf die Situation einzustellen. Wir zogen damals auf’s Land in unser gemietetes Cortijo, mieden lange Zeit Kontakte aller Art. Das kleine Haus mit viel Grün drum herum war für mich eine winzige Insel der Sicherheit, während die Corona-Wellen eine nach der anderen über das Land, über die ganze Welt hinwegzogen und allzu viele Menschen mitnahmen.
Die Tage verbrachte ich in unserer “Zweisiedlerei” neben dem Alltagsgedönse oft malend und lesend. Ich buchte viele Kunstkurse auf Domestika und verbesserte damit auch mein Spanisch. Ich begann mit einem Bullet-Journal – mehr dazu in einem anderen Beitrag. Ich hörte den Vögeln und Fröschen zu und hielt das Werden und Vergehen der Natur in ungezählten Fotos fest. Ich beobachtete Hund und Katze intensiv und stellte fest, sie boten ein besseres Programm als jeder Fernseher es kann. Dazu meditierte ich und übte Atem. Langweilig war es mir nie!
Vor Monaten – etwa im August – war mir aufgefallen, dass trotz fehlender Langeweile etwas Entscheidendes abhanden gekommen war und das kam so:
Ich war seit einiger Zeit wieder in unserer kleinen Wohnung in La Herradura, weil ich im Sommer gern gleich morgens am Meer sein wollte. Direkt vor unserer Wohnung im Erdgeschoss, also wirklich nur einige Meter entfernt, befindet sich ein Pool. Das klingt erst einmal klasse, hat aber seine Tücken. Im Sommer trifft mich ab etwa 17 Uhr fast täglich eine heftige Welle aus Lärm. Die Kinder toben vergnüglich und die Eltern unterhalten sich, nennen wir es kraftvoll. Manchmal erlebe ich es als anstrengend.
Aber: An einem ebensolchen Tag fiel mir insbesondere das Lachen der Kinder auf. Sie sind wahre und unschlagbare Meister in dieser Disziplin. Ich habe unterschiedliche Zahlenangaben gefunden. 400 bis 500mal soll ihnen das gelingen, uns Erwachsene um die schlappe 15 bis 20mal. Welch’ traurige Bilanz. Und ich fürchtete damals, nicht einmal jeden Tag auf überhaupt 15 oder 20 zu kommen.
Wenn es um Kinderfotos geht, bin ich noch achtsamer als ohnehin schon. So zeige ich hier kein Bild eines mir bekannten Kindes sondern ausnahmsweise ein Foto, das ich nicht selbst fotografiert, sondern auf Pixabay gefunden hab. Ein großes Dankeschön an den Fotografen, der uns dieses herzlich lachende Kind neben sehr vielen anderen Bildern kostenlos zur Verfügung stellt.
In vertrauter Runde im Freundeskreis platzte eine Freundin mit folgendem Satz raus: “Ich dachte immer, du bist ein netter Kerl, bis ich dich lachen hörte.” Das ist einige Jahrzehnte her, aber den Augenblick, die überraschten Gesichter, das verlegen-verhaltene Lachen der anderen am Tisch, in das der Betroffene nach einem ersten Schreck dann einstimmte, habe ich gut in Erinnerung.
Lachen kann eben auch ganz anders sein: höhnisch, spöttisch, überlegen, ironisch, verletzend kränkend etc.
Können kleinere Kinder auf diese Weisen lachen, bzw. wie alt müssen wir geworden sein, um wen mit unserem Lachen kränken, verunsichern, verletzen zu können?
Auf der Elbe in Dresden schwimmt der Theaterkahn vor sich hin. Was war ich immer gern dort, was konnte bzw. musste ich so manches mal lachen. Als das bundesweite Treffen der StudienleiterInnen/Grundschule am Theologisch-Pädagogischen-Institut in Moritzburg tagte, gingen wir zum Abschluss auf den Kahn. Christian Morgenstern stand auf dem Programm. Vorgetragen wurde auch “Fisches Nachtgesang”, urkomisch in Szene gesetzt. Eine Kollegin und ich schlitterten geradezu in eine Lachspirale. Und wir infizierten andere.
Von den Schauspielern waren mir einige privat bekannt. Detlef Rothe sagte mal, dass er mein Lachen immer erkennen und sich darüber freuen würde.
Es ist ihr Job, Nachdenkliches und Heiteres vorzutragen – Nachdenken und Lachen auszulösen.
Wenn ihr mal in Dresden seid, stattet dem Kahn einen Besuch ab. Es könnte gut werden.
Ich war mit meiner älteren Tochter im schicken Berliner Bezirk Dahlem im Kino. Da bekam man nicht mal Popkorn, es könnte ja welches auf den Boden fallen. Im Film – Italienisch für Anfänger – gab es eine Szene, die mir einen Lachanfall ohnegleichen bescherte. Daran erkennt man übrigens ein echtes Lachen. Wir beherrschen es nicht, haben keine Kontrolle und es klingt langsam Stück für Stück aus, bricht nicht einfach ab. Bald schon lachten andere mit. Wie schön! An die Filmszene kann ich mich nicht mehr erinnern, an mein Lachen schon. Und auch gerade jetzt beim Schreiben muss ich schmunzeln, wenn ich daran zurückdenke.
Das zurückliegende Jahr war neben Corona mit all seinen politischen Problemen und klimatischen Sorgen weder der Leichtigkeit noch der Heiterkeit dienlich. Aber nicht mehr zu lachen, hilft der Welt ja auch nicht weiter. Natürlich weiß ich, dass wir das Lachen nicht einfach so machen können, allenfalls die innere Haltung lässt sich ändern. Klar geht das nicht von jetzt auf gleich, aber ich fange ja nicht bei Null an, war ja kein “Lachmuffel” sondern möchte das reaktivieren, was etwas verschüttet in mir schlummert.
Ich hatte hier keine wissenschaftliche Abhandlung zum Thema geplant. Wer mehr wissen möchte, dem sei diese Folge aus der Serie WDR 5 Philosophisches Radio – Welchen Wert hat der Humor für Sie? empfohlen.
Gern gelesen habe ich zudem das Buch von Yves Bossart – Trotzdem lachen: Ein kurze Philosophie des Humors.
PS Abschließend die Gretchenfrage: Wie haltet ihr es mit dem Lachen? “Schafft” ihr 15-20mal am Tag, eher mehr, eher weniger? Gern würde ich darüber mit euch hier ins Gespräch kommen. Schreibt mir einen Kommentar. Der könnte ein Gewinn auch für andere sein.
4 Antworten
Danke für die Gedanken.
Ja, wir lachen oft zu wenig. Warum? Liegt es am fehlenden lustigen/ inspirierenden Umfeld?
Was ist überhaupt lustig?
Vielleicht denken wir Erwachsenen generell über alle Begebenheiten schon gleich zu sehr nach und dadurch, dass wir die Ursachen für enstandene Verwerfungen erkennen und analysieren, wirken sie nicht mehr seltsam/komisch/lächerlich.
Kinder verstehen die Zusammenhänge/ Ursachen noch nicht und können sich daher über seltsame, für sie unlogische Dinge amüsieren.
Nicht umsonst hat die Comedy, die bewusst mit überraschenden Situationen arbeitet, anhaltend Erfolg.
Liebe Angela, herzlichen Dank für deinen Kommentar. Ja, es ist schon merkwürdig mit dem Lachen. Ich bin mir in der Zwischenzeit sicher, dass es sich in Gemeinschaft besser lachen lässt, dass, wie du es sagst, auch Überraschungen dazu gehören, aber auch von unserer inneren Haltung, vom Blick auf’s Leben überhaupt, vermute ich. Liebe Grüße.
Liebe Ramona,
Danke für die schöne Anregung. 15-20 Mal schaffe ich vielleicht nicht. Bisher. Aber das kann sich ja ändern 🙂 Komme übrigens gerade aus Dresden zurück. Eine tolle Stadt. Werde bestimmt einmal wieder hinfahren. Auch wenn uns unsere Tochter eröffnet hat, dass sie ihre Zelte dort abbrechen wird.
Herzliche Grüße nach Andalusien, Korina
Liebe Korina, freut mich, wenn ich ein wenig anregen konnte. Ja, Dresden hat schöne Seiten. Wir sind sehr ruhig ins neue Jahr gekommen. Das war schön so. Ich schreibe an neuen Beiträgen. Habe wir für dieses Jahr die hiesigen Feste vorgenommen, neben anderem. Gestern war ja die Cabalgata, darüber werde ich berichten. Dir die besten Wünsche für 2023.