ICH NUN AUCH NOCH

Vorneweg-Worte

Wer tuschelt denn da?

  • Sanna: Habt ihr es schon gehört?
  • Fedi: Was denn?
  • Sanna: Ramona schreibt jetzt einen Blog.
  • Fedi: Da bin ich ja gespannt.
  • Soli: Muss das sein? In unserem Alter noch? Sie wird ja nun auch schon 70.
  • Sanna: Und, wo ist das Problem? Ist doch toll! 
  • Soli: Worüber will sie denn überhaupt schreiben?
  • Sanna: Sie schreibt über ihr Leben in Andalusien. Wie das Ganze angefangen hat, über ihren Alltag und so. 

wir VERLASSEN das Grüppchen

Natürlich sind es meine Gedanken, die ich diesen fiktiven Freundinnen in den Mund gelegt habe. Da sind einerseits meine Lust und Freude am Machen von etwas ganz und gar Neuem und andererseits kratzen sogleich die Zweifel an mir. Aus vor allem zwei Gründen fällt es mir nicht leicht, den Veröffentlichungsknopf zu drücken.

Wer sich öffentlich äußert, die Meinung kundtut, sich bekennt zu einer Position, macht sich unvermeidlich auch angreifbar. Ich möchte nicht gern angegriffen werden. Das Leben hält auch so schon genug bereit.

Mehr bewegt mich allerdings die Frage, ob es denn nun wirklich auch noch (m)ein Blog sein muss – in meinem Alter. Es ist kein ganzes Jahr mehr, bis ich 70 Jahre zählen werde. In meiner Wahrnehmung ist die Blogger-Szene eine eher von überwiegend jüngeren Menschen und so frage ich mich, wie es wohl aufgenommen werden wird, wenn ich beginne zu bloggen, mit 70!

Gedanken zum älter werden/geworden sein

In der Folge habe ich in den letzten Wochen verstärkt über das Alter nachgedacht. Als ich 20 war, hatte ich eine komplett falsche Erwartung, wie ich mich mit 50 fühlen würde. Als ich 50 war, was ich klasse fand, schaute ich dennoch etwas verschreckt auf die vor mir liegende 60. Nun sind wieder bereits 10 Jahre vergangen und es fehlen nur noch wenige Monate bis zur 70. 

Überraschenderweise sehe ich der 70 gelassener entgegen als der 60. Wahrscheinlich weil ich nun sicher weiß, völlig falsche Vorstellungen vom älter werden, vom Alter, gehabt zu haben. Klar, die Falten nehmen zu, die Kontur des Gesichtes wandelt sich und was noch alles. Aber ich habe das Gefühl, da ist „etwas“ in mir, was nicht wirklich älter wird. Und das hatte ich auch schon als ich Deepak Chopra noch nicht kannte.

Werde nie alt, solange du lebst.

Dieses Zitat soll von Albert Einstein sein. Noch vor wenigen Monaten hätte ich dem voll zugestimmt. Heute sehe ich das kritischer. Ich frage mich, was es konkret bedeutet und welch negative Vorstellung vom Alter dahinter steht. Schade, er kann mir keine Antwort mehr geben. 

Mir fällt zudem die Redewendung ein, dass mancher mit 30 ja schon alt sei, andere mit 80 noch nicht. Auch da würde ich gern wissen, was konkret dahinter steht. Wie sieht der Inhalt der Schublade aus, an der das Etikett „Alter“ klebt? Darüber würde ich gern mit Lesern und Leserinnen ins Gespräch kommen.

Man ist so alt, wie man sich fühlt?

Manfred Spitzer – Neurowissenschaftler und Psychiater – erzählte in einer Fortbildung von einem Versuch. Personen wurden in zwei Gruppen eingeteilt. Beide Gruppen schrieben ein Diktat. Eine der Gruppen erhielt einen Text, in dem Begriffe enthalten waren, die wir im Allgemeinen mit dem Alter verbinden, etwas wie Gehhilfe oder so. Der Clou vom Ganzen war: Das geschriebene Diktat musste am Ende eines Ganges abgelegt werden und gemessen wurde die Gehgeschwindigkeit. Ihr ahnt es. Die Personen mit den „Altersworten“ im Text gingen langsamer auf die Ablage zu. Was sagt uns das?

Natürlich haben wir diese schrecklichen Bilder von einsamen und nicht gut versorgten Menschen in zweifelhaft geführten Heimen in unserem Kopf, was individuelle, gesellschaftliche und sozialpolitische Tragödien sind. Gleichwohl sollten wir – aus Selbstschutz – vor Augen haben, dass 82% der über 85-jährigen immer noch in der eigenen Wohnung leben. Quelle: destatis.de

Eine schöne Begegnung

Als ich noch nicht lange in Andalusien war, machte ich ein Foto in der Vorweihnachtszeit von einer Frau, die die 90 bereits überschritten hatte. Wir waren gegen 11 Uhr bei ihr. Es war schön ihr zuzuhören. Sie erzählte, wie sie nach Spanien gekommen war, was sie bewegt, zeigte uns Bilder und schenkte mir am Ende eine wunderschöne Weihnachtsdecke, die ich hüte. 

Um 12 Uhr sagte sie uns, sie müsse sich langsam sputen und hätte nicht mehr allzu viel Zeit zum Plaudern, weil sie mit Freundinnen auf dem Weihnachtsmarkt beim Bratwurststand verabredet sei. So kann es also auch sein. Und es ist gar nicht so selten. Die Statistik sagt, dass nur jeder zweite Mensch über 90 in einem Pflegeheim rundum versorgt werden muss.

Meine Ur-Oma

Meine Urgroßmutter Ottilie buk noch mit 92 Jahren oberleckeren Pflaumenkuchen in einem Ofen, den sie mit Holz zuvor einheizen musste. Ach, sie hatte auch keine digitale Waage, um ja auf’s Gramm die richtigen Mengen zu haben.

Zum ersten Mal hatte ich hier dunkle Pflaumen entdeckt

alt versus langlebig

Irgendwo in Richtung Osten von Deutschland aus gesehen gibt es ein Gebiet, in dem das Wort Alter nicht bekannt ist. In der Folge gibt es dort keine Alten sondern Langlebige. Welch ein Unterschied! Vor allem, wenn Alter im Wortschatz fehlt, fehlen auch so ernüchternde Worte wie Altersgebrechen, Altersheim, Altenpflege und es gibt auch keine Altersflecken auf der Haut! Leider finde ich dazu die Quelle nicht mehr.

Antwort an Soli

Ihr erinnert euch? Soli war die, die sich eher kritisch äußerte.

Liebe Soli, du siehst, ich habe mir deine Frage zu Herzen genommen und so will ich dir nun antworten. Die Jahre sagen 70, aber ich weiß wirklich nicht, wie ich mich mit 70 fühlen sollte oder müsste. Mit 50 jedenfalls hatte ich ein sehr anderes Bild von einer 70-jährigen als ich mich jetzt wahrnehme. Einen so genannten Seniorenteller hab ich bisher auch noch nie bestellt. 

Und nein, es muss keinesfalls sein, jetzt noch mit einem Blog zu beginnen. Aber es kann sein und es darf sein.

  • Vielleicht mache ich mit dem einen oder anderen Beitrag wem ein wenig Mut. Vielleicht kann wer lachen über das, was ich schreibe. 
  • Vielleicht entgeht wer aufgrund meiner Infos ner „Knolle“. Vielleicht kocht wer ein Rezept nach oder freut sich an einem meiner Fotos.
  • Vielleicht treffe ich auf freundliche Menschen. 
  • Vielleicht entwickeln sich neue bereichernde Begegnungen. 


Vielleicht geschieht gar nichts und mein Blog verschwindet ebenso lautlos wie er gekommen ist.

Liebe Grüße aus der Sonne, Deine Ramona

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