Leben in Andalusien

Gedanken Denken: Zufriedenheit

Zufriedenheit

Das Schlaraffenland von Pieter Brueghel dem Älteren. Machte dich das zufrieden? 

Vorneweg-Worte

Meine erste Teilnahme an einer Blogparade. Was ist das eigentlich – eine Blogparade? 

Eine Blogparade wird ausgerufen, in diesem Fall von Korina Dielschneider. Sie bittet Blogger und Bloggerinnen, sich zum Thema Zufriedenheit Gedanken zu machen und diese mit anderen zu teilen, also zu veröffentlichen und auf ihrer Seite zu verlinken. 

Es erschien mir sinnvoll, über mich in verschiedenen Bereichen nachzudenken. Wo bin ich zufrieden, wo eher nicht? Und so begann ich damals sofort mit dem Füller meine Gedanken aufzuschreiben. Jetzt, Wochen später, sitze ich am Klimperkisten und kann mit meinen Notizen von damals nichts mehr anfangen. So kann es gehen.

Neuanfang

Im Grunde mag ich es sehr, über einen Begriff nachzudenken, ihn auseinanderzunehmen und wieder zusammenzusetzen, in ihn ein- und hindurch zu tauchen im besten Fall mit einem erweiterten Verständnis ganz allgemein und vielleicht einer Erkenntnis, die nicht weltbewegend sein muss. 

Erste Schritte

Zunächst möchte ich mich erst einmal dem Begriff nähern und schaue mal, was auf Wiki zu lesen ist. Ergiebig ist das nicht. So suche ich weiter und lande im Melchior Magazin.

Das ist schon ein deutlich anderes Niveau. Im Gespräch mit dem Philosophen Robert Spaemann wird Zufriedenheit von Glück abgegrenzt. Sehr spannend. 

Ich überlasse euch die Entscheidung, es zu lesen, weil in meinem Kopf taucht ein ganz anderer Gedanke auf. Ich werde mich den Ereignissen im Paradies zuwenden. Woher die Idee plötzlich kommt? Ich weiß es nicht. 

Was geschah im Paradies?

Den meisten Menschen ist auch heute noch die Geschichte von Adam und Eva, von Schlange und vermeintlichem Apfel, vom so genannten Sündenfall bekannt. 

Kurzer Exkurs: Der Name “Eva” bedeutet “Mutter allen Lebens”. Im christlichen Verständnis wurde sie über Jahrhunderte zur “Sünderin” stilisiert. Der Begriff Sünde ist aber eher mit “sondern/sich absondern” gleichzusetzen als mit Schuld. 

Die Bibel erzählt: Gott hatte einen Garten gepflanzt, in den er Adam hineinsetzte und ihm nach vielen vergeblichen Versuchen, endlich eine Gefährtin zur Seite stelle – Eva. Beide führten ein ruhiges Dasein im Paradies, im Garten Eden. Sie durften von allen Bäumen essen, nur vom Baum in der Mitte nicht. Und beide hielten sich daran – zunächst.

Nun kommt die Schlange ins Spiel, sie sagt listig zu Eva: Ja, sollte Gott gesagt haben, ihr sollt nicht essen von allen Bäumen? 

Eva: Wir essen von allen Bäumen, nur von dem in der Mitte des Gartens sollen wir nicht essen, ihn nicht einmal anrühren, sonst müssen wir sterben.

Schlange: Ach was, ihr werdet nicht sterben! Aber Gott weiß, wenn ihr davon esst, dann werden euch die Augen aufgehen und ihr werdet sein wie Gott und wissen was gut und böse ist. 

Wer könnte da widerstehen und diese verheißungsvolle klug machende Frucht am Baume hängen lassen? Ich nicht! Und Eva konnte es auch nicht! Da hat wer etwas, da kann wer etwas, was er mir nicht geben will, was er mir vorenthält – und schon greife ich spontan zu. Es ist wie in den Märchen. Verbotene Türen laden geradezu zum Öffnen ein und sie müssen auch geöffnet werden, sonst gäbe es Stagnation statt Entwicklung.

So essen sie auch beide und erkennen augenblicklich, dass sie nackt sind. Und ja, sie werden in dem Augenblick auch sterblich. Nicht weil sie direkt umfallen, nein, so nicht. 

Der spanische Philosoph Fernando Savater erklärt es anders, er beschreibt den Unterschied zwischen dem Menschen einerseits und den Pflanzen und Tieren andererseits. Pflanzen und Tiere gehörten danach nicht zu den Sterblichen, weil ihnen die unlösliche Verbindung mit dem Tod nicht bewusst sei. Wer um seine Sterblichkeit nicht weiß, wer nicht ein Leben lang mit dem Wissen um den eigenen (!) Tod leben muss, ist im eigentlichen Sinn nicht sterblich(Quelle: Fernando Savater / Die großen Fragen des Lebens / Seite 28/ Campus Verlag 2000)

Das ist der Preis, den wir in der zweiten Schöpfungserzählung für die Erkenntnis bezahlen. Wir sind Herausgefallene aus der unbewussten und deshalb ungewussten All-Einheit, sind Erwachte, uns unserer selbst gewahr geworden. 

Wir wurden geworfen in die Eigenverantwortlichkeit, wissend was gut und böse ist. Heute würden wir sagen: wir wurden aus der allzu bequemen Komfortzone geschmissen. 

So machten wir uns auf, Kontinente zu besiedeln. Wir machten uns auf, die Natur bewusst zu nutzen, in der wir zuvor unbewusst lebten. Wir entwickelten den Faustkeil, erfanden das Rad, konstruierten ein großartiges Teleskop, das uns Blicke in fernste Welten ermöglicht. 

Wie Getriebene forschen und suchen wir. Nie bleiben wir stehen, sind wir deshalb immer unzufrieden? Oder kann Unzufriedenheit auch als risikobereite und freudige Neugier verstanden werden, nach verstehen wollen, was es womit auf sich hat? 

Klar, wären wir Unbewusste geblieben, gäbe es keine schrecklichen Waffen (bestimmt trotzdem Kämpfe) aber ganz sicher keine vom Menschen gemachte Klimakrise, die in eine Katastrophe münden kann. 

Wir würden allerdings immer noch in Höhlen leben, weil niemand das Interesse gehabt hätte, etwas zu ändern, weiter zu entwickeln.

Und es gäbe auch keine Poesie, keine Kunst, keine großartigen Konzerte, keine Literatur, keine Fotografie, keine lebensrettende OP, nur uns und über uns die Sternelein. 

Von der Gerechtigkeit

Zurecht gehen Menschen auf die Straße, um für ihre oder Rechte anderer einzutreten. Ich erinnere an den Tod des Schwarzen Eric Gardner, der von einem Polizisten erstickt wurde. Nur gut, dass da viele unzufrieden waren, wütend aufstanden und Gerechtigkeit forderten, weltweit! 

Zurecht sind Frauen heute unzufrieden, wenn sie für die gleiche Arbeit weniger verdienen als Männer. In Deutschland sind das immerhin 18% weniger. Da können stattliche Summen zusammenkommen. 

Zurecht setzen sich Menschen für Gerechtigkeit in der Bildung ein, für Chancengleichheit. Soziale Ungleichheit ist persönliches Drama und zugleich gesellschaftlicher Zündstoff, der irgendwann explodieren kann. 

So kann Unzufriedenheit als Motor fungieren, kann Neu-Orientierung auslösen und Weiterentwicklung bedeuten. 

Vor Jahren hab ich zum Thema Gerechtigkeit eine Fortbildung für Religions- und Ethiklehrerinnen gehalten. Dieses kleine YouTube-Video begegnete mir damals bei meinen Recherchen. Lasst euch überraschen: Es könnte heiter werden. 

Ich in der Welt

Was sich im Augenblick abspielt ist verstörend. 

Ich wünschte mir weltweit bessere Entscheidungen, in Hinblick auf den Umweltschutz, besonders in Hinblick auf die Klimakrise, auf die wir unverdrossen zusteuern. Wenn ich mein Enkelkind und andere kleine Kinder hier auf den Straßen und Plätzen sehe, dann frage ich mich ziemlich oft: “Womit werden sie wohl umgehen müssen, besonders hier im Süden Europas?” Und auch: “Was habe ich dazu beigetragen?”

Es entsetzt mich, wenn mir Menschen sagen, dass es eh zu spät sei, das Rad zu wenden und von daher ganz und gar unbedarft kreuz und quer tausende von Kilometern um die Welt fliegen und obendrein “Kreuzfahren”. 

Ich sorge mich und habe Angst um die Zukunft folgender Generationen. Stellt man Sorge das kleine Wörtchen “für” voran, wird daraus Fürsorge. Wir haben dafür zu sorgen, dass ihr Leben gelingen kann. 

Dazu kommen die Schrecken kriegerischer Auseinandersetzungen, wie wir sie gerade jetzt wieder erleben und als sei das alles nicht genug, ist da noch der politische Ruck ins Rechtsextreme in weiten Teilen der Welt. Nein, Zufriedenheit kann und will sich da nicht einstellen. Und das ist gut so!

Hintendran-Worte

Ich bin voll und ganz vom zuerst gedachten Weg abgekommen. Noch heute am Morgen, wäre ich nicht auf die Idee gekommen, bei oder mit Adam und Eva zu beginnen. Es hat sich einfach so ergeben. 

Vielleicht weil mir hier immer wieder das Wort Paradies “paraiso” begegnet? Oft sagen Freundinnen zu mir: “Du lebst hier wie im Paradies” oder “Es ist wirklich paradiesisch hier!” Und sie meinen: schön, harmonisch und friedlich! Lebe ich hier wirklich im Paradies, so wie Adam und Eva, bevor ihnen die Augen geöffnet wurden? Na hoffentlich nicht. 

Mir fällt dazu noch das Schlaraffenland ein, mit einer Mauer aus Torten und Kuchen, während die Trauben direkt über meinem Mund reifen und zu gegebener Zeit hineinfallen. Ein Leben ohne jede Sorge, ohne jede Spannung, ohne jede Notwendigkeit innerer und äußerer Bewegung. Wäre das Erfüllung? 

Wenn ich auch nicht mit der Situation auf der Welt zufrieden bin, so ist mir doch sehr bewusst (Erkenntnis!), was ich alles habe, wofür ich dankbar sein kann und auch bin, zum Beispiel überhaupt noch hier zu sein.

Mit dem was war, bin ich zwar beileibe nicht ganz, aber doch weitgehend ausgesöhnt. Die Zeit lässt sich nicht zurückdrehen, auch wenn es wohl fast jeder für die eine oder andere Situation gern hätte. 

Was ich mir manchmal wünsche? Gelassenheit! Und ihr, wie sehr ihr die Sache mit der Zufriedenheit? 

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