Leben in Andalusien

BLOG-NACHT
November - 2023

Falsch abgebogen

Blog-Nacht

Vorneweg-Worte

Die letzten Wochen flogen nur so vorbei. Ich kann es kaum glauben, aber vier sind schon wieder eindeutig ins Land gegangen, sonst gäbe es keine erneute  Blognacht mit Anna Koschinski. Für mich ist es immerhin die achte. 

Das Thema heute ist: Falsch abgebogen

Ich könnte es nutzen, um über Entscheidungen zu schreiben, die in der Folge zu ungeahnten Problemen führten. Ich könnte, mach ich aber nicht. 

Mir fällt eine Situation ein, in der ich ganz real mit meinem Auto falsch abgebogen war. Davon werde ich erzählen. 

 

Fototreffen

Ich war noch nicht lange in Almuñécar, da gab es ein Treffen von Hobby-Fotografen. Geplant war, am Strand eine Portraitserie zu fotografieren von einer junge Frau und ihrem Pferd. Es scheiterte daran, dass der Stress für das Pferd völlig unterschätzt worden war. Der Weg allein war schon viel zu weit, das arme Tier musste zurückgeführt werden. 

Wir, etwa 10 – 12  Leute, fuhren daraufhin an einen Treffpunkt in der Nähe des Pferdestalls, irgendwo weiter oben in den Bergen. Der Weg führte über schmale Straßen, teilweise unbefestigt.

Das Fotografieren

Der Ort war gut gewählt. Es hat Spaß gemacht zu fotografieren und ich finde, mir war wenigstens ein schönes Silhouetten-Foto von Pferd und Reiterin gelungen. 

Vieles von dem, was gedacht war, ging allerdings nicht mehr, weil die Dunkelheit rasch einbrach und die Abende und Nächte im Herbst auch in Andalusien empfindlich frisch sind.

Abenteuerliche Rückfahrt

So sollte es bald zurück nach Almuñécar gehen und dort in eine Bar. Die meisten waren rasch aufgebrochen. Meine Freunde und ich waren die letzten. Sie fuhren vor. So konnte ich ihnen folgen – dachte ich. Es sollte anders kommen. Sie sausten geradezu los. Und wenn ich “sausen” schreibe, dann ist das keine Übertreibung. 

Man muss wissen: Der Begriff “Straße” scheint hier wesentlich weiter gefasst, als ich es aus Deutschland kenne. Ich glaube in D hat ne Straße, auf der Autos in zwei Richtungen unterwegs sind, eine gewisse Mindestbreite. Meine – zugegeben subjektive – Wahrnehmung hiesiger Straßen ist deutlich anders, vor allem in ländlichen Gebieten. Obendrein ist Almuñécar von Bergen umzingelt. Und da wo Berge sind, sind auch Kurven, nicht einsehbare enge Kurven ohne jede Begrenzung am äußeren Rand.

Mir, vollkommen ortsfremd, war es unmöglich dem Auto im vorgegebenen Tempo zu folgen. Irgendwann war es dann verschwunden. 

Wie verlassen fühlte ich mich, als das letzte Rücklicht auch nach der nächsten und übernächsten Kurve nicht wieder auftauchte, vor allem, weil ich an Abzweigungen vorbei gekommen war, die ich vielleicht hätte nehmen müssen. 

Langsam aber sicher wurde mir mulmig in dieser absoluten Dunkelheit. Keine Laterne, kein Mond, kein Rücklicht vor mir, kein gar nichts. 

Wie um alles in der Welt geht's weiter

Ich hatte null Ahnung, wo ich war. Das Navi auch nicht! Manchmal sah ich die Lichter von Almuñécar. Nur wo um alles in der Welt war der Weg, der dahin führte?

Schließlich bog ich in einen ein, der abwärts ging. Das schien mir richtig, wir waren ja nach oben gefahren. Doch der Weg, mehr so ein Feldweg, wurde zusehends schmaler und schmaler und schmaler, bis er einfach aufhörte. Eine Sackgasse sozusagen – nur ohne Hinweisschild. 

Da stand ich nun, mitten in der Pampa. Links neben mir dornige Sträucher, an denen das Auto entlang geschrappt war, rechts neben mir ging’s abwärts.

Ruhe bewahren

Ich ließ den Motor laufen, deshalb traute ich mich, wenigstens das Licht anzulassen. Aber so genau wusste ich nicht, wie lange die Batterie das mitmachen würde, wenn die Räder nicht rollen. 

Zwischendurch verfluchte ich die, die so schnöde davon gefahren waren.

Aber es half ja alles nichts. Ich musste da durch und gewöhnte mich Schritt für Schritt an den Gedanken, die Nacht auf diesem Weg zu verbringen. Eine Decke war zum Glück vorhanden, Wasser auch, vor allem fürs Hundekind und welch Segen: auch ein Beutelchen mit Hundefutter. Irgendwo in meinem Rucksack musste auch noch was Schokoladiges sein. 

Ein erneuter Blick ins Navi war kein Gewinn und ich hatte auch kein Netz, wen auch immer anzurufen. 

Das Auto zu wenden war ausgeschlossen und rückwärts zurück auf diesem Weg zu fahren unvorstellbar für mich. Also hieß es warten, bis die Sonne aufgeht und dann entweder loslaufen oder vielleicht doch vorsichtig zurückfahren und was oder wen auch immer suchen. 

Bis heute staune ich, so relativ ruhig geblieben zu sein. 

Die Rettung

Und dann sah ich sie beim Blick in den Rückspiegel  – die Lichter des Autos meiner Freunde an der Abzweigung in diesen Weg. Sie hatten irgendwann gemerkt, dass ich nicht mehr hinter ihnen war, hatten versucht mich anzurufen, was mangels Netz nicht ging und mich dann gesucht. 

Was war ich froh. Einer kam zu mir und von ihm dirigiert ging es Meter um Meter langsam rückwärts zurück bis zur Straße, von der ich falsch abgebogen war. Wir drückten uns kräftig. 

Sie waren erleichtert, weil sie mich gefunden hatten. Ich war dankbar, dass sie mich doch noch gesucht hatten.

Eine Nacht allein im Auto mit einem Hundekind war mir erspart geblieben. Die Vorstellung, nachts aussteigen zu müssen, weil das Tier mal muss, war wenig verheißungsvoll. Ich hatte Hunde bellen hören und wusste nicht, ob die frei herumstreunten. 

Wir fuhren dann gemach hinunter nach Almuñécar und nahmen noch eine Tapa. Wie schön war es, später in meinem Bett zu liegen.

In der Zwischenzeit weiß ich, längst nicht die einzige zu sein, die sich da oben völlig verfranst hatte. 

Hintendran-Worte

Das Autofahren hier stellt bis heute so manches Mal eine Herausforderung dar. Den einen oder anderen durchaus schönen Ort in den Bergen werde ich kein zweites Mal sehen, einfach weil mich der Weg dahin über Gebühr stresste. 

Natürlich kenne ich mich nach all den Jahren viel besser aus, bin gelassener geworden. 

Wenn Freundinnen hier sind, dann merke ich, wie sie sich manchmal erschrecken in Situationen, die für mich zur Normalität geworden sind. 

Gerade heute hat eine liebe Frau auf dem Rückweg vom Cerro Gordo zu mir gesagt: Jetzt verstehe ich gut, warum du grundsätzlich bei O-Saft bleibst, wenn du mit dem Auto unterwegs bist. 

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4 Antworten

  1. Was für eine Geschichte!!
    Ich kann so gut nachfühlen, wie dir zumute gewesen sein muss!
    Unsere Blognacht Geschichten ähneln sich ein ganz klein wenig, aber deine ist um einiges dramatischer.
    Zum Glück hatten wir beide ein happy End!
    Liebe Grüße
    Sabine

    1. Hi Sabine,
      ich finde, durch dunkle und obendrein neblige Wälder mit Blick auf die Tankuhr zu irren, auch überhaupt nicht verheißungsvoll. Und wie es so ist, war mir mal etwas Ähnliches passiert. Damals kein Navi, kein gar nix, aber ne Karte. Nur hatte ich die blöde Lesebrille vergessen.

      Langweilig der Beitrag? Keine Spur! Vielmehr finde ich mich teilweise wieder. Aber ich frage heute nicht mehr, was wäre, wenn ich an dieser oder jener Stelle anders abgebogen wäre.

      Weil eines ist mir klar geworden ganz tief innen drin. Hätte ich manches anders gemacht, gäbe es meine Kinder nicht und die sind, finde ich, das Beste, was ich für diese Erde machen konnte.

      Ich wünsche dir eine schöne Adventszeit, liebe Grüße aus Andalusien, Ramona

  2. Liebe Ramona,

    alleine mit Hundekind im Auto und das bei Nacht war in der Situation selbst bestimmt nicht lustig. Aber im Nachhinein eben erzählenswert. Danke für deine Geschichte.

    Liebe Grüße Edith

    1. Liebe Edith, weil doch allerhand anderes getan werden musste – Hilfe einer lieben Freundin bei deren Umzug – komme ich erst heute dazu mich herzlich für deinen Kommentar zu bedanken. Ja, lustig ist anders.
      Dir wünsche ich nun ein gutes Weihnachtsfest und hoffe, dass wir uns wiedersehen werden.
      Liebe Grüße, Ramona

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