Leben in Andalusien

BLOG-NACHT Juni 2023 - 2

Das hätte ich gern früher gewusst

Blog-Nacht

Vorneweg-Worte

Zoom-Treffen zur Blognacht von Anna Koschinski.  Ich bin zum dritten Mal dabei. Der Schreibimpuls weckt Erinnerungen. Bilder kommen und gehen. 

Was nur hätte ich denn gern früher gewusst? 

Dreierlei fällt mir ein. 

Die sache mit der intuition

Meine Intuition, nennen wir sie Alma, tanzte mehrmals in meinem Leben wie verrückt um mich herum, zog an meinen Röcken, schmiss sich mir in den Weg. Und ich? Ich stapfte über sie hinweg und sehenden Auges zielgerichtet in Schwierigkeiten. 

Heute muss Alma nur noch leise anklopfen und ich halte inne. Es macht mich frei, wenn ich ihr vertraue; frei, ruhig “nein” zu sagen oder “ja”.

Ich hätte gern früher gewusst, dass ich ihr und damit mir vertrauen kann, vertrauen muss. 

Sorgen machen

Ich war geradezu Expertin, hätte Workshops zum Thema anbieten können. Heute bin ich im Großen und Ganzen gelassener geworden, wenn leider auch nicht durchgängig und Corona ein arger Einbruch war.

Ein Beispiel: Wenn ich gewusst hätte, dass ich nun fast 70 Jahre zählen darf, hätte ich mir weniger Sorgen um meine Gesundheit gemacht. Das wäre hin und wieder eine große Erleichterung gewesen. 

Und noch ein Beispiel: Ich war Schulleiterin einer freien Schule. Alle Probleme des Alltags saßen neben mir im Bett und schauten mich erwartungsfroh an. Mit etwa 10 Augenpaaren auf mich gerichtet, war an Schlaf nicht zu denken – bis dann der große Einschnitt kam. 

Der Einschnitt

Mit 59 klappte ich zusammen. Eine mühsame Zeit schloss sich an. Unabhängig voneinander rieten mir Ärzte, die Arbeit zu wechseln. Das sagt sich so leicht. 

Aber: Ich kündigte, obwohl ich nicht wusste, wie es weitergehen würde. In der Folge fragte ich nicht nur einmal: Was bleibt nun noch von mir?

Der Kommentar einer Freundin: Du spinnst, alles bleibt, deine Neugierde, deine Kreativität, die Fotografie ….

Das war das Stichwort. Mit 61 Jahren machte ich mein Hobby zum Beruf – mit Hilfe einer Profi-Fotografin im Alter meiner Tochter. Ich hatte die Zeit der Arbeitslosigkeit genutzt, um viel zu lernen.

Gar kein Schritt für die Menschheit - Aber ein Grosser für mich

Ich gehörte nicht zu den Menschen, die sehnsüchtig auf die Rente warten. Im Gegenteil: vor dem Burnout wollte ich sogar ein Schuljahr länger arbeiten. 

Danach hatte ich entschieden, mit 63 in Rente zu gehen, egal zu welchen Konditionen. Einerseits war ich froh, die Möglichkeit zu haben, andererseits fand ich es gruselig. Wie würde die Zukunft aussehen? Langweilig und öde? Es sollte anders kommen. 

Sieben Jahre Später

  • Seit nun fast 7 Jahren lebe ich in Andalusien.
  • Vor 6 Jahren klopfte die Liebe überraschend an und ich öffnete die Tür – zum Glück! 
  • Ich kann in meinem Rahmen tun, was ich mag und vor allem lassen, was ich nicht mag. 
  • Nur sehr selten holt mich ein Wecker aus dem Schlaf. 
  • Ich fühle mich frei und 
  • hab keine Angst vor dem noch älter werden. Im Gegenteil: ich freue mich über jedes Jahr.  

Nix da von wegen Langeweile

  • Ich vertiefe gerade erneut meine Spanischkenntnisse,
  • singe in einem Rociero-Chor – auf der Bühne im Flamencokleid,
  • engagiere mich im örtlichen Fotoclub,
  • hab sogar einmal den hiesigen Fotowettbewerb gewonnen – dotiert mit immerhin € 700
  • und im Dezember 2022 meinen Blog online gestellt. 
  • Meine Kleider leuchten farbenfroher. Die mitgebrachten kamen einfach nicht gut neben einer haushoch blühenden Bougainville.
  • Ich erlebe mich nach wie vor offen für Neues, sonst gäbe es diesen Beitrag ja nicht und
  • ab September will ich Sevillana tanzen lernen. 

Zeichen der Zeit

Natürlich konfrontiert mich die vergehende Zeit mit äußerlichen Veränderungen. Ich bin überrascht, wie gelassen ich das nehme. Wenn ich genau hinschaue und -fühle, war mir mein Körper noch nie so lieb wie heute, ich hab ihn richtig gern. Hin und wieder gönne ich ihm und mir die goldenen Hände meines Physios.

Ich rede auch mit meinem Körper und bedanke mich, angefangen bei meinen Füßen, die mich Schritt für Schritt brav tragen bis zu meiner Nase, die nun schon so viele Jahre mit mir durch’s Leben schnuppert. 

In meinem Beitrag “Hola Guapa” geht es um den Blick auf Schönheit, wie sie hier verstanden und gelebt wird – auch im Alter. 

Hintendran-Worte

Ja, gern hätte ich früher gewusst, wie gut es sich mit Rente und auch älter geworden leben lässt.

Mit 61 für zwei Jahre selbstständige Fotografin, mit 64 eine neue Partnerschaft, mit bald 70 einen Blog. Nie hätte ich mir das als jüngere Frau vorstellen können. Offenbar hatte ich ein vollkommen verqueres Bild vom Leben jenseits der bezahlten Arbeit. 

Außerdem: Da ist etwas in mir, das wird nicht älter – bisher jedenfalls. Es ist sehr schwer zu beschreiben. Ich kann es nicht greifen. 

Hab Dank, liebe Anna, für den Impuls. Er war nicht ganz leicht. Aber nun bin ich zufrieden und klicke gern auf den Button “Veröffentlichen”.

Liebe Grüße und auf Wiederlesen, ramona 

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2 Antworten

  1. Ich habe früher nicht gewußt, daß Altsein, ich 70, sich innerlich nicht wesentlich anders anfühlt als alle sagten, ich sei jung ,15. Wenn es keine Spiegel gäbe hätte ich gar nicht wirklich mitbekommen, dass ich alt geworden bin. Innerlich bin ich so wie immer seit ich innerlich über mich reflektieren kann. Es wird nur alles immer mehr und Manches würde ich gern vergessen, was mir nicht leicht fällt. Ich hätte gern füher gewußt, daß ich imm Alter nicht mehr alles Wissen will, erinnern will und erfahren will. Das ich mehr die Kunst des Auswählens was ich tue erlernen sollte, weil sonst das Leben überbordet. Ich hatte gedacht, es geht immer alles weiter und ich mitten drinn, je nachdem, wozu ich gerade Gelegenheit habe. Das war ein Irrtum.

    1. Liebe Annegret, ich danke dir herzlich für deinen offenen Kommentar. Neben dem fehlenden Spiegel wäre auch die Unkenntnis des Geburtsjahres und das Fehlen des Dezimalsystems hilfreich.

      Es gibt eine Region, da fehlt das Wort “Alter”. In der Folge gibt es keine Altersheime, keine Altersgebrechen und auch keine Alterflecken mehr – wie segensreich. Die älter gewordenen sind dort Langlebige. Leider weiß ich nicht mehr wo und den Artikel hab ich nicht mehr.

      Im Gespräch mit Freunden sprachen wir mal über Wohnsituationen im Alter und kamen auf die Alters-WG. Ein Mann warf sofort ein, dass wir ganz sicher nie und nicht eine Alters-WG gründen würden, sondern wenn schon, denn schon eine “After-Work-WG” – derselbe Inhalt und doch so ganz und gar anders. Sprache ist ein mächtiges Instrument.

      Ich freue mich, dass du meinen Blog gefunden hast, ihn liest und kommentierst. Liebe Grüße, Ramona

      PS Wann bist du eigentlich immer in Andalusien?

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